Von der Geflüchteten zur Wahlhelferin
Zu Besuch im Rathaus: Bushra Qasim berichtete Bürgermeister Frank Hilker von ihrer Lebensgeschichte zwischen Pakistan und Deutschland. Begleitet wurde sie bei dem Besuch von Günther Stukenbrock. (Foto: Stadt Detmold)
Wie Bushra Qasim die Chancen nutzte, die ihr Deutschland bietet.
2015 kam sie in ein völlig fremdes Land. Zehn Jahre später wird Bushra Qasim als Wahlhelferin bei der Bundestagswahl am 23. Februar dazu beitragen, dass der wichtigste Akt der Demokratie, eine allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl, ermöglicht wird. Das ist eine Integrations-Geschichte aus Detmold.
Bushra Qasim ist 35, dreifache Mutter und hatte vor zehn Jahren noch keine Ahnung von Deutschland. Damals verließ sie mit ihrem Mann und ihrer zwei Jahre alten Tochter ihre Heimat Pakistan und kam als Geflüchtete nach Detmold. „Es war ein großer Schritt in eine völlig neue Welt“, berichtet sie. „Eine neue Sprache, eine fremde Kultur und viele Herausforderungen. Doch von Anfang an hatte ich ein Ziel: Ich wollte mich integrieren und mir eine Zukunft aufbauen.“
Dieses Ziel hat sie nie aus den Augen verloren und sofort begonnen, Deutsch zu lernen: „in privaten Kursen, an der VHS und bei jeder Gelegenheit, die sich mir bot.“ Dann kamen die Ausbildung zur Verkäuferin in einer Detmolder Bäckerei, der Führerschein und nicht zuletzt zwei weitere Kinder. „Ein besonderer Moment war für mich ein Tag im Juni 2024: Meine Familie und ich wurden offiziell eingebürgert. Dieser Tag bedeutet für mich mehr als nur ein Dokument, er war der Beweis für alle Mühe, die wir investiert haben“, sagt sie.
Doch all das sei nur durch die Unterstützung vieler wunderbarer Menschen in Detmold möglich gewesen, schilderte die 35-Jährige jetzt bei einem Besuch im Rathaus Bürgermeister Frank Hilker. Sie denkt dabei an das Café Welcome, ganz besonders aber an Uli und Günther Stukenbrock, in deren Haus die Familie wohnt. „Ihnen und vielen anderen bin ich unendlich dankbar.“
Mit der Einbürgerung regte sich in ihr ein neues Gefühl: „Ich bin jetzt nicht mehr nur eine ,Ausländerin‘. Ich bin Teil dieser Gesellschaft und das bedeutet für mich, auch Verantwortung zu übernehmen.“ Sie las den Aufruf der Stadt Detmold, sich als Wahlhelfer zu melden und fragte sich: „Kann ich das wirklich? Gehört das jetzt zu meinem Leben?“ Dann fasste sie sich ein Herz, meldete sich bei der Stadt Detmold und wird jetzt am 23. Februar ihren Teil zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Bundestagswahl leisten. Außerdem hofft sie, bald eine neue Arbeit zu finden, denn die Bäckerei hat schließen müssen. Vielleicht findet sich ja ein Job, der zu ihrem IT-Studium damals in Pakistan passt.
Bürgermeister Frank Hilker findet das „einfach stark“, ermuntert er doch bei den Einbürgerungsfeiern die neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger dazu, selbst für demokratische Werte einzustehen. Mut und Wille der jungen Frau haben seinen Respekt, er sieht aber auch die Hürden im Verlauf der Integration. „Warum stellen wir nicht jedem, der sich so wie Bushra Qasim integrieren möchte, eine Person als Paten zur Seite?“, fragt der Bürgermeister und wundert sich gleichzeitig: „Wir debattieren die falschen Themen. Menschen, die zu uns kommen wollen, und die wir in unserer Wirtschaft nötig brauchen, wollen Teile der Politik zurückschicken. Das löst verständlicherweise Ängste aus. Gleichzeitig lassen wir jeden Tag 500.000 Pakete von Billig-Handelsplattformen aus China ins Land, die meiner Meinung nach oft gefälschte oder gesundheitsschädliche Waren enthalten. Das schadet unserer Wirtschaft extrem – motivierte Menschen wie Frau Qasim dagegen sind extrem wertvoll.“
Bushra Qasim zieht ihre ganz persönliche Bilanz: „Mein Weg war nicht immer leicht, aber ich habe gelernt, mit Fleiß, Mut und der Unterstützung guter Menschen kann man alles schaffen. Damals hat man mir geholfen. Jetzt bin ich an der Reihe, etwas zurückzugeben.“